Sonntag, 28. August 2022

Tegos Tegos | Das hellenische Urgestein in Aachen ist tot

Mit großer Betroffenheit habe ich gerade erfahren, daß einer der frühesten sowie besten und nettesten Griechen in Aachen aus den alten und natürlich auch besseren Zeiten dieser Stadt am 18. August 2022 gestorben ist.


Im Jahre des legendären Pop-Festivals im Reiterstadion der Aachener Soers (1970 im August war´s) haben er und seine Frau mich und eine Horde bekiffter Hippies und Gammler in seiner Gaststätte Hellas bei Theo mit bestem Speis und Trank bewirtet. Gott, was haben wir uns da wohl gefühlt ... 

Ohne jegliche Ortskenntnisse in Aachen waren wir dort durch einen Zufall eingekehrt. Keiner von uns hatte sich gemerkt, wo sich dieses tolle hellenische Restaurant befand, in dem noch nach alter griechischer Familienart gekocht wurde.

Nachdem ich 1977 nach Aachen gezogen bin, hab ich jahrzehntelang versucht, diese griechische Gaststätte wiederzufinden. 

Erst am 5. Juni 2014 hat mich ein glücklicher Zufall wieder zu ihm - dem hellenischen Mammut Tegos Tegos - geführt. 

Es gab zwar leider nichts mehr zu essen in seiner Gaststätte, aber wir haben uns wunderbar unterhalten an jenem Nachmittag und für die beiden späteren Interviews am 19. Juni 2014 und am 9. November 2015 mit einer kleinen Photosession bin ich ihm nach wie vor sehr dankbar.

Danke noch mal für Deine Gastfreundschaft und ich werde Dich nie vergessen.

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Die Geschichte von unserem Wiedertreffen nach Jahrzehnten mit Bildern dabei, habe ich (leicht modifiziert) im folgendem erneut veröffentlicht. Die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Bilder hat er mir seinerzeit ausdrücklich erteilt. 

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Dieser Beitrag hätte auch Teil der Serie ´Aachen | Das große Fressen und Saufen ...´ sein können.


Nein! Dem Herrn Tegos Tegos von der alten Griechen-Pinte Hellas in der Aachener Königsstraße gebührt die Ehre eines eigenen Titels.

Er ist der letzte große Hellene aus jener Zeit, wo Aachen die Stadt in Deutschland gewesen war, welche den höchsten Bevölkerungs-Anteil an Griechen bundesweit hatte.

Die tieferen Gründe für den großen Exodus vieler Griechen in den Sechziger Jahren des XX Jahrhunderts waren auch in den damaligen politischen Verhältnissen jener Ära zu suchen, die vom Griechischen Bürgerkrieg und der Griechischen Militärdiktatur geprägt gewesen waren.

Weshalb sie größtenteils nach Aachen gekommen waren? Keine Ahnung! 

Aber es war eine tolle Zeit gewesen, - haben doch die Griechen in Aachen in den Sechzigern, Siebzigern und Achtzigern dafür gesorgt, daß es eine Unzahl an guten und günstigen griechischen Restaurants und Kneipen gab, die so manchen Aachener und vor allem viele Studenten auch nach der ersten Hälfte eines Monats mit durchaus gnadenreichen Preisen durch den Rest des Selben durchfütterten ... 

Tegos Tegos war einer von ihnen! 





Sein Restaurant hatte ich mit einer Gruppe bekiffter Freaks das erste mal 1970 betreten, anläßlich meines Besuchs des Pop-Festivals im Soerser Reiterstadion.



DER BÜSTENHALTER AM FAHNENMAST – DAS EUROPOP FESTIVAL VOR 50 JAHREN IN DER SOERS (mit einigen zeithistorischen Dokumenten aus meinen Archiven)

Aachener Untergrund Kultur Teil 1 ||| Teil 2

Setlist ... (Da fehlen noch ein paar Gruppen)

Seine Frau führte das Regiment in der Küche und wir wurden als immer hungrige Hasch-Jünger vorzüglich mit allem bedient was die griechische Küche aus Töpfen und Pfannen zaubern konnte.

Kurz darauf war ich wieder in Berlin, landete erst mal für längere Zeit in Alt-Moabit 12a und hatte diese Gaststätte - als ich 1977 nach Aachen gezogen war - zwar nicht vergessen, sie allerdings auch nie wieder gefunden, obwohl ich im Laufe der Jahrzehnte immer mal sporadisch danach suchte.
O o o o o

Im Juni 2014 flaniere ich mal wieder ziellos so durch die Stadt und entdecke dieses Stilleben urbanen Stadt-Ambientes am Templergraben Ecke Königsstraße.


Kippenautomat, angesiffter Kaugummikasten, ´n bißchen Müll und Dreck sowie einer Gedenktafel für die Gräfin von Harscamp.


Ich steh ja auf so was ...


Während ich so knipse, geht die Tür der Gaststätte auf und Tegos tritt heraus.


Was es denn so Interessantes zu photographieren gäbe an seinem Haus, wollte er wissen.

Wir kommen ins plaudern und ich erkläre ihm meine photographischen Lieblings-Motive.

Er bittet mich in seine Gaststätte hinein und, ---- !!! ich denk, ich fall´ in Ohnmacht, - !!!

Ich schwör´s beim Zeus, ich steh in der Kneipe, in der ich das erste und letzte mal im Jahr 1970 meine Schritte gelenkt hatte, um meinen THC-bedingten Hunger zu stillen.








Ich hab alles auf Anhieb wiedererkannt, nur, daß es nicht mehr nach guter, leckerer Küche der Hellenen roch.
 
Tegos kam Mitte der Sechziger des vorigen Milleniums nach Aachen und arbeitet anfangs im Straßenbau.

1969 eröffnete er mit seiner Frau diese Gaststätte, die über Jahrzehnte hinweg ein kleiner Geheimtip in der damals überbordenden Aachener Griechen-Scenerie gewesen war.

Und so hatte ich ihn kennengelernt.



Seither wurde in seinem auch heute noch liebenswerten Geschäft kein einziger handwerklicher Pinselstrich durchgeführt, den man auch nur ansatzweise mit einer Renovierung in Verbindung hätte bringen können.


Ganz so, wie es mir gefällt ... !

Im Jahre 2009 konnte er noch mit seiner Familie das 40-jährige Jubiläum feiern.

Nun ist sehr ruhig geworden in seiner Kneipe ...!

Vor einigen Jahren verstarb seine Frau.


Die Kochplatten blieben ausgeschaltet.

Die Kinder sind nicht immer bei ihm.


Die alte (Stamm-)-Kundschaft in Kiez stirbt aus. "Sind alle weg ..." sagt er traurig.

Die jungen Anwohner gehen heute woanders hin.

Die Zeit der Griechen in Aachen ist schon seit Langem vorbei und einen hippen Event-Charakter hat seine Gaststätte heutzutage nicht wirklich. WLAN gibt es auch nicht ... :-)

Das könnte eigentlich schon fast wieder trendy werden ... ! Müßte nur irgendwie gehypt werden ... !

Ab und zu kommt ein einsamer, Bitburger trinkender Pilzsammler rein, dessen mykologischen Ausschweifungen er nun schon seit einigen Jahren mit stoischer Ruhe ausgeliefert zu sein scheint.



ευχαριστώ Tegos, daß ich Dich kennen lernen durfte!

ευχαριστώ Tegos, daß Du und Deine Frau mich und meinen Horde mal so richtig satt gemacht habt im August 1970.

 
ευχαριστώ Tegos, daß es Dich noch gibt!

Ich komm die Tage mal wieder rein für ein schweigsames Mineralwasser und wir lauschen den Geschichten vom Pilzsammler ...

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